„Es fragt sich Brecht / was tun / am letzten Tag / seines Lebens …“
Ungeheuer schön: Bora Cosic‚ Auseinandersetzung mit Bert Brecht. 2009 schon erschien im Verlag von Peter Ludewig, Kirchseeon, dieses exquisit mit Bleisatz und klassischem Buchdruck (Peter Weller, Berlin) hergestellte Bändchen, das ich nun in der Augsburger „Buchhandlung am Obstmarkt“ bekommen konnte.
Bora Cosic, geboren 1932, gehört zu den großen Romanciers und hat mit „Die Tutoren“ und „Im Zustand stiller Auflösung“ große, keinesfalls einfach zu konsumierende, dabei aber blitzgescheite Literatur vorgelegt. Cosic verfasste mehr als 30 Romane, Erzählbände und Essays und vielleicht der letzte Schriftsteller, der seine Sprache „serbokroatisch“ nennt, da er jegliche nationale/nationalistische Ausrichtung der Literatur ablehnt. Als er Anfang der 90er Jahre aufgrund des Protests gegen das Milosevic-Regime das Land verlassen musste, lebte er zeitweise auch in Deutschland.
Cosic‘ schmales „Brecht“-Bändchen ist optisch und haptisch eine Wucht, aber auch inhaltlich darf man sich vom vermeintlich schmalen Band nicht täuschen lassen: Ausgehend von der realen Figur Bert Brecht ersinnt und erspinnt Cosic Miniaturen, die oft einen eher fiktiven Brecht zum Inhalt haben. Surreale Einsprengsel dürfen bei Cosic nie fehlen, so findet er Brechts Ursprung in der „Zellulose“ und teilt uns mit, daß der Vater Brecht den Dichtersohn überhaupt erst in die Welt setzte, weil er „(…) Tonnen blütenweißer Blätter“ besaß und überlegte, „was er soll / mit so viel Weiß“.
12 Seiten, die zwar schnell gelesen sind, aber zum wiederholten Aufblättern und Eintauchen auffordern. Oder manchmal nur zum Anfassen, denn zu schön sind Aufmachung, Papier und Verabeitung. Kongenial übersetzt von Milo Dor, Benno Meyer-Wehlack und Irena Vrkljan. Erhältlich bei oben genannter Buchhandlung oder via ISBN: 978-3-9810572-6-3
Bei Planetlyrik.de ist zudem ein sehr lesenswerter Beitrag über den kleinen feinen Lyrikverlag erschienen: „Buchkunst im Verlag Peter Ludewig“