Lesetipp: „Der Spaziergänger von Aleppo“
Der Bonner Weidle Verlag hat uns Lesern in den vergangenen 25 Jahren viel schöne Literatur nahe gebracht; ich bin dem Verlag in jüngster Zeit vor allem für dieses schöne Buch dankbar: > „Der Spaziergänger von Aleppo“. Nun, „Schön“ ist der Anlass für dieses Buch nicht im geringsten, der unverändert tobende Syrienkrieg. Doch der Blick Maleks auf die Welt, auf Tod, Verlust und Veränderung sind unbeschreiblich poetisch und weise und es beeindruckt Zeile für Zeile, wie er sich nicht nur einen „Rest von Normalität“ zu bewahren versucht, sondern Würde, Lebensfreude und Menschenfreundlichkeit bewahrt. Corona hat uns aus dem Blick verlieren lassen, daß die Probleme jenseits unserer zentraleuropäischen Wahrnehmung nicht weg sind. Niroz Malek zeigt uns, wie es ist, trotz allem in Aleppo zu leben. Seine Miniaturen über den Alltag in einer Stadt, auf die Bomben fallen, über seine Freunde, seine Träume, seine Phantasien, seine Verluste sind mit das Schönste, was in den letzten Jahren in den Bücherregalen auftauchte – gerade weil Malek uns zeigt, daß ein Leben mit Wunden und Verlusten nicht der Helligkeit und Zuversicht entbehren muss; er ist der Intellektuelle, der Schriftsteller, der aus der Welt der Musik, der Poesie Energie und Optimismus gewinnt. Selbst die traurigsten seiner 55 Kurz- und Kürzestgeschichten haben eine unnachahmliche Leuchtkraft.
Ein immer aktuelles Buch, wundervoll geschrieben und gestaltet, ein wahres Geschenk!
Niroz Malek wurde 1946 in Aleppo geboren. Er hat bislang acht Bände Erzählungen und sechs Romane veröffentlicht. „Der Spaziergänger von Aleppo“ erschien zuerst auf französisch bei Le serpent à plumes. Das Buch wurde mit dem Prix Lorientales 2016 ausgezeichnet und inzwischen auch ins Schwedische übersetzt.